Was ist eigentlich Polyamorie und was kostet das?

Monogamie Polyamorie

Was ist Polyamorie?

Das Thema Polyamorie ist derzeit auf der ganzen Welt ein Thema und wird nicht nur in der westlichen Gesellschaft diskutiert - aber was bedeutet der Begriff Polyamorie eigentlich genau? Wortwörtlich bedeutet Polyamorie die Liebe von mehreren oder vielen. Genau genommen ist Polyamorie aber ein Überbegriff für verschiedene Praxen, mit mehr als einem Menschen eine Liebesbeziehung zu führen. Entgegengesetzt zu einigen anderen Formen einer offenen Beziehung, liegt der Fokus der Polyamorie nicht auf Sex mit mehreren Personen, sondern setzt das Einverständnis (meist) beider Partner zu multiplen amourösen Beziehungen voraus. Seitensprünge und Affären sind somit nicht alleiniger oder wesentlicher, aber manchmal auch Bestandteil einer Poly-Beziehung.
Polybeziehungen folgen eher der Vorstellung, dass alle Beteiligten eine lang- oder zumindest längerfristige Beziehung miteinander führen, in der Liebesgefühle und Vertrauen eine essenzielle Rolle spielen.
Die Polyamorie verwirft die Idee, dass die monogame Zweierbeziehung das einzig gute, richtige, mögliche oder erstrebenswerte Konzept für ein gelungenes Leben darstellt.
 

  • Im Gegensatz zu Polygamie (Mehrfachheirat) ist Polyamorie nicht verboten in Deutschland, sondern gesetzlich nicht geregelt. Allerdings sorgt dies auch für Probleme im Bereich der Kindererziehung, der Erbrechts, etc.
  • Bei Polyamorie geht es nicht nur um viele Sexkontakte - das würde man eher als Seitensprung oder Swingen bezeichnen. Wobei Seitensprünge einmalig sind und Swingen öfters stattfinden kann. Polyamore haben zwar durchaus in der Regel mehrere Sexualpartner, aber unterhalten auch eine romantische Beziehung mit diesen.
Polyamore Beziehungen

Bin ich polyamor?

Wer sich für Polyamorie entscheidet, sollte sich zuerst von dem Paradigma der Monogamie distanzieren. Aufgrund unserer Erziehung mangelt es uns an Beispielen und Vorstellungen für gelingende Mehrfachbeziehungen, die gesellschaftlich nach wie vor als deviantes Verhalten erachtet werden.

In den meisten Kulturen führt Liebe zu Beziehungen, im Idealfall einer Ehe, Kindern, einem Zuhause und geteiltem Leben: Und dieses Ideal gilt für eine Einheit von zwei Personen. Einige Menschen glauben gar nicht an “die Liebe des Lebens”, andere sind davon überzeugt, dass es davon vielleicht sogar mehrere gibt, zumindest unterhalten sie mit mehr als einer Person eine Beziehung, in der sie “wahre Liebe” empfinden.

Prämissen für Polyamorie:

  • Ehrlichkeit und Transparenz bezüglich Gefühlen, Wünschen und Erwartungen
  • Kommunikationsbereitschaft. Eifersucht entsteht vor allem, wo es an Kommunikation mangelt
  • Wissen darum, dass nicht nur man selbst, sondern auch die geliebte Personen seine Liebe nicht beschränkt
  • Zeit zu haben, um sie mit mehreren Menschen zu teilen. Wer viel beschäftigt ist, wird sich schwertun, viel Zeit in multiple Beziehungen zu investieren.
  • Einige Polys empfinden Liebe als eine unerschöpfliche Quelle und möchten dieses “zu viel” an Liebe mit mehr als nur einer Person teilen.
  • Polyamore Menschen besitzen die Fähigkeit, sich in mehrere Menschen zu verlieben und verliebt zu sein und wollen diese Gefühle nicht als bedrohlich oder negativ empfinden (müssen)
  • Es geht Ihnen auch um die Freiheit und einen Geltungsbereich für Gefühle (positiver Art), die nicht gehemmt oder beschränkt werden sollen

Vor- und Nachteile von Polyamorie

Ob Polyamorie gut oder schlecht ist, muss jeder für sich und mit seinem Partner entscheiden. In der Gesellschaft werden polyamore Formen der Beziehung allerdings eher als unnatürlich angesehen, zumal viele diesem Lebens- und Liebeskonzept auch unterstellen, dass es nicht funktionieren kann. Vor allem die Frage nach Kindern und deren Erziehung, der Vereinbarkeit von einem familiären Leben und multiplen Beziehungen, werfen für einige unüberwindbare Probleme auf.

Allerdings lässt sich aus vielen Gründen in beide Richtungen argumentieren. Wir haben einige Informationen über Vorteile, Nachteile und Probleme polyamorer Partnerschaften zusammengetragen.

Gründe für Polyamorie

  • Wer mehr Liebe gibt, erhält auch mehr Liebe.
  • Polyamore erleben ihre Liebe oft als intensiver, da sie trotz der Offenheit und deren Möglichkeiten ihren Partner lieben.
  • Unterstützung und Zusammenhalt von mehreren Personen
  • Verlässlichkeit auf mehr als nur einen Partner
  • Ehrlichkeit und Transparenz werden in Poly-Beziehungen groß geschrieben.
  • Rücksicht auf die Wünsche einer Person und Verständnis werden in Poly-Beziehungen besonders ernst genommen und kommuniziert.
  • Man kann mehrere Sexualpartner haben, ohne fremdzugehen.
  • “Du bist nicht der/die Richtige” wird seltener ausgesprochen, da man verschiedene Komponenten und Dimensionen der Partnerschaft nicht an eine Person richtet und von einer Person einfordert, sondern das “Gute” und Schöne mit und am jeweiligen Partner schätzt.
  • Die Liebe erscheint manchen noch umso wertvoller, da man trotz der Freiheit “lieben zu können, wen man will” und “machen zu können, was man will” die Entscheidung trifft, eine bestimmte Person zu lieben.

Probleme mit Polyamorie

  • Wenn ein Netzwerk zerfällt, verliert man nicht nur einen Partner, sondern mehrere Beziehungen zerbrechen.
  • Polyamore Paare halten sich eher bedeckt, da sie fürchten nicht verstanden oder gar verurteilt zu werden.
  • Eifersucht gibt es auch in polyamoren Beziehungen und hier können die Folgen davon weitaus schlimmer sein, wenn mehrere Partner in einen Konflikt miteinander geraten.
  • Wer mehrere Partner hat, kann dazu neigen sich Problemen weniger zu stellen, die vor allem im Vergleich der Partner erst ans Licht geraten.
  • Manche empfinden polyamore Beziehungen als stressiger, da sie viel Kommunikationsbereitschaft und Ehrlichkeit sowie Austausch erfordern.
  • Wer zeitlich stark begrenzt ist, wird sich schwertun genug Zeit aufzubringen, multiple Partnerschaften zu unterhalten.
  • Oft muss man auf Sicherheiten verzichten, wenn es keinen Primärpartner gibt, mit dem man eine Familie gründen kann oder will.
  • Besonders in Entscheidungssituationen ist es schwierig mit mehreren Partnern einen Konsens zu finden.

Wie finde ich andere Polys?

Bei unseren Testsiegern im erotischen Bereich findest du nicht nur Kontakte für Affären, sondern in den Gruppen und Foren auch oft Gleichgesinnte Poly-Paare und -Singles. 

Auf diesen Plattformen findest du auch Veranstaltungen von und für Polys, die sich lieber gleich persönlich kennenlernen möchten.

Darüber hinaus veranstaltet das Polyamore Netzwerk (PAN) dreimal im Jahr ein großes Treffen für polyamore Menschen, die dort miteinander in Kontakt treten und sich vernetzen können.

Polyamorie und Eifersucht

Es ist ein Irrglaube zu denken, dass es in polyamoren Partnerschaften und Netzwerken keine Eifersucht gibt.  Eifersucht gehört auch bei Polyamorie dazu, wer aber krankhaft eifersüchtig ist, sollte sich überlegen, ob Polyamorie die richtige Beziehungsform für ihn ist. Dennoch erleben auch Menschen in polyamoren Beziehungen Verlustangst und können trotz multipler Partner sich benachteiligt oder von jemandem nicht genügend beachtet fühlen, aber:

  • Polyamorie erfordert Offenheit, Ehrlichkeit (Transparenz), Austausch und vor allem Wissen und Konsens aller Beteiligter
  • Eifersucht ist meist Angst vor dem Vergleich. Wer das versteht und einsieht, kann auch offen darüber reden und eventuelle Missverständnisse aus dem Weg räumen.

Wie kann man polyamor leben?

Hierarchische Modelle:

  • Das Primär-Sekundär-Tertiär-Modell: Es gibt entweder einen oder mehrere Primär-Partner mit denen eine romantische Beziehung unterhalten wird. Die sekundären Partner sind aber ebenso langfristige und ernsthafte Beziehungen, aber sind den primären in einigen Punkten nicht gleichgestellt, z.B. wenn es um Kindererziehung, Finanzielles oder andere große Entscheidungen geht. Dennoch ist es möglich, dass Sekundär-Partner gemeinsam in den Urlaub fahren oder die Wochenenden gemeinsam verbringen. Tertiär-Beziehungen sind eher Freundschaften mit einer sexuellen Komponente oder auch Affären, die nicht zu einer längerfristigen Beziehung führen.
  • Das Primär-Sekundär-Modell: Dieses Modell ist das populärste. Der Primärpartner ist der wichtigste und diese Beziehung ist unangefochten. Dementsprechend gibt es auch nur einen primären Partner. Sekundäre Beziehungen können verschiedener Art sein: Es ist auch möglich, dass der primäre Partner das Veto-Recht für das Aufnehmen oder Halten sekundärer Beziehungen hat.

Nicht-hierarchische Modelle:

  • Mehrere Beziehungen mit einer geschlossenen Struktur: Dies wäre der Fall, wenn alle Beziehungen gleich gestellt sind und in einer Art Gruppe leben
  • Poly-Netzwerke haben eine komplexe Struktur, die verschiedene Formen zulässt - auch Partner in einer hierarchischen Konstellation können zu einem Poly-Netzwerk gehören.
  • Gibt es außerhalb dieser Gruppe noch Beziehungen, ist dies eine halb-offene polyamoreKonstellation
  • Poly-Singles: bezeichnen sich als polyamor, aber sind derzeit in keiner langfristigen Beziehung. Es ist auch denkbar, dass ein Poly-Single gar keinen Primär-Partner möchte, aber in diversen längerfristigen Affären lebt. Die Gründe dafür sind divers: vielleicht ist der Poly-Single viel auf Reisen und kann somit keine intensive Beziehung aufnehmen oder hat wichtigere Interessen, begrenzte Zeit oder will nicht zu viel seiner Autonomie aufgeben. Vielleicht ist aber auch einfach der oder die Richtige für eine Primärbeziehung noch nicht aufgetaucht.

Wesentlich ist, dass man das Modell immer so wählen sollte, dass es für alle Beteiligten funktioniert. Geheimhaltung und Lügen sind in polyamoren Konstrukten nicht ratsam, da es so nur zu Enttäuschungen und Trennungen führt.

Im Gegensatz zu monogamen Paaren, die immer stets in diesem Modell für zwei bleiben, sind in polyamoren Liebesbeziehungen auch Mischformen und Änderungen im Laufe der Zeit möglich bis wahrscheinlich.

Offene Beziehung oder Polyamorie?

Der Unterschied zwischen Polyamorie und offenen Beziehungen? Oft ist es gar nicht so leicht zu Unterscheiden, ab wann aus einer offenen Ehe oder Beziehung eine polyamore Partnerschaft wird. Vor allem hierarchische Modelle ähneln in gewisser Hinsicht monogamen Liebesbeziehungen. Allerdings sind offene Beziehungen vor allem dadurch gekennzeichnet, dass man nur One-Night-Stands oder Affären mit anderen Personen hat, aber keine tieferen Gefühle für diese Personen entwickelt. Ob der Partner weiß mit wem man wann Sex hat oder nicht, ist den Partnern selbst überlassen. In polyamoren Beziehungen würde aber auch das eher kommuniziert, die Partner einander eventuell gar vorgestellt werden.

Dating-Experte Chris Pleines ZU-ZWEIT.de
Chris Pleines
Gründer von ZU-ZWEIT.de und Buchautor von „Online-Dating für Dummies“
Der Diplom-Medieninformatiker Chris Pleines testet seit 15 Jahren ZU-ZWEIT.de Dating Apps und ist heute einer der führenden Online-Dating-Experten. In zahlreichen Fernseh- und Radio-Interviews gibt er immer wieder Tipps rund ums Online-Dating.